Das Verarbeiten großer Datenmengen verbraucht viel Energie. Gleiches gilt für das Bereitstellen hochaufgelöster Bilder, für Flugreisen zu Konferenzen – und nicht zuletzt für die eigene technische Ausstattung. Die Arbeitsgemeinschaft #GreeningDH lud uns ein, ihrer Podiumsdiskussion auf der Digital-Humanities-Konferenz in Luxemburg zu lauschen.
Was bisher geschah …
Brainstorming zu Handlungsspielräumen von DH-Forscher:innen, um ihren ökologischen Fußabdruck zu verringern
Zur Einstimmung auf die anschließende Diskussion blieben die Teilnehmer:innen erst einmal unter sich und trugen gemeinsam Ideen zusammen. Wie können wir als Forscher:innen und DH-Praktiker:innen unseren ökologischen Fußabdruck verringern?
Notizen zum zweiten Teil der Diskussion
Die hier aufgezeichnete Diskussion schließt an dieses Brainstorming an. Die Moderatorinnen Anne Baillot, Anja Gerber und Charlotte Feidicker fassen zunächst kurz zusammen, welche Themen aufgegriffen wurden. Danach steigen sie in die Diskussion mit Rabea Kleymann ein. Rabea ist Mitglied des Vorstands des DHd-Verbands, zu dem auch die AH #GreeningDH gehört. Daher sind die gesammelten Ideen natürlich sehr spannend für sie: Ziel ist, Handlungsimpulse zu den Themen Nachhaltigkeit und Vernetzung in die Fachcommunity mitzunehmen und zukünftige Konferenzen noch ressourcenbewusster zu gestalten.
Für alle, die keine Zeit zum Zuhören haben oder sich einfach einen Überblick über das Gespräch wünschen, haben wir hier die wichtigsten Thesen und Hintergrundinfos zusammengetragen.
Zusammenfassung des Brainstormings durch die Moderatorinnen
1. Themenkomplex Reisen und Konferenzen (Charlotte Feidicker)
- Transport:
- Diskussion des ökologischen Fußabdrucks von konferenzbezogenen Reisen (Verkehrsmittel, Möglichkeit von Mitfahrgelegenheiten)
- Auswahl des Orts der Konferenz (gute infrastrukturelle Anbindung)
- Möglichkeit hybrider Veranstaltungen
- Möglichkeit dezentraler Treffpunkte für gemeinsame hybride Teilnahmen an der Hauptkonferenz
- Infrastruktur:
- Die Ausstattung hybrider Konferenzen ist ressourcenintensiv.
- Wunsch: CO₂-Fußabdruck erheben (Online-Teilnahme und Ausstattung vs. eigene Anreise)
- Notwendigkeit und Nachhaltigkeit von Give-aways prüfen
- Verpflegung: Bereitstellung regionaler Speisen und Getränke, vegetarischer und veganer Angebote
- Institutionelle und individuelle Handlungsspielräume:
- Wer soll/kann/darf/muss in Präsenz teilnehmen?
- Notwendigkeit einer Bildübertragung bei Online-Teilnahmen
- Individuelle Handlungsspielräume sind nicht von den institutionellen Rahmenbedingungen zu trennen.
- Allgemeines:
- Können wir Konferenzen generell reduzieren?
- Können Dienstreiseanträge nachhaltiger gemacht werden (bspw. Verpflichtung zur Nutzung der Bahn unter 1.000 km, auch wenn Reisekosten höher sind)?
2. Themenkomplex Projektmanagement und Projektorganisation, Aspekt Rechenbedarf (Anja Gerber)
- Technische Infrastruktur:
- Bewusste Wahl des Stromanbieters / Nutzung erneuerbarer Energien
- Wahl der Gerätehersteller und ‘Haltbarkeit’ der IT-Infrastruktur, Beschaffungsrhythmus
- Förderung von Homeoffice und Telearbeit, geteilte Büros und Geräte
- Planung und Zusammenarbeit:
- Evaluation der genutzten Tools und Nachnutzungsmöglichkeiten
- Planung: Wie oft muss man sich treffen (virtuell / hybrid)?, Welche Software nutzen wir für virtuelle Meetings?
- Datenauswertung:
- Wie oft lasse ich meine Daten durchlaufen?
- Wann genügt die Arbeit mit Testdaten?
- Dokumentation:
- Notwendigkeit eines Datenmanagementplans
- Datenspeicherung: Welche Ablagesysteme nutzen wir?
- Wo und wie werden Backups erstellt?
- Zurverfügungstellung und Evaluation der Arbeitsergebnisse:
- Was genau haben unsere Arbeitsergebnisse ‚gekostet‘?
- Wie sprechen wir untereinander über Arbeitsergebnisse (Lessons Learned)
- Stellen wir frei zugängliche hochaufgelöste Scans oder abgespeckte Formate bereit?
- Verfügbarmachung verschiedener Versionen, Anzahl der Datenbestände / Speicherorte
- Wie kompensieren wir unseren Fußabdruck?
Impulse des DHd-Verbands: Rabea Kleymann
Der Verband hat Interesse an community-basiertem Austausch: Gute Strategien und Best Practises lassen sich nur gemeinsam erarbeiten. Ziel ist das Ausloten von Handlungsspielräumen von individuellen Forscher:innen und Institutionen, Impulse aus der AG sollen an den Verband zurückgespielt werden.
Umgang des Verbands mit dem Thema Nachhaltigkeit
Der Verband unterstützt alle DH-Forscher:innen und Lehrenden, die sich mit Themen wie Nachhaltigkeit, ökologische Transformation und Climate Justice beschäftigen
- Initiativen sollen gefördert werden, die sich sowohl mit Maßnahmen der Abschwächung des Klimawandels als auch der Anpassung an den Klimawandel beschäftigen (–> beide Varianten sollen adressiert werden; multiskalare Klimastrategien)
- gefördert werden sollen Einzelwissenschaftler:innen, bestehende AGs und neue Initiativen
Konkrete Ziele des Verbands – und wie diese aktuell in die Tat umgesetzt werden:
1. Gemeinsam individuelle und institutionelle Ermessensspielräume diskutieren und zusammenbringen
- Vernetzung, Ermöglichung von Diskussionen
- Finanzielle Unterstützung (bspw. auf Antrag auch finanzielle Zuschüsse für die AGs)
- Vernetzung von AGs und Förderung des Austauschs untereinander
2. Förderung nachhaltiger Forschungsinfrastruktur
- Auch hier: Vernetzung, Förderung von Zusammenhalt und Zusammenarbeit, bspw. durch das DHd-Community-Forum
- Schaffung einer nachhaltigen Kommunikationsstruktur, insbesondere um die Fluktuation von Early-Career-Researchers und anderen Forscher:innen aufzufangen und Wissenstransfer innerhalb der Community zu ermöglichen
… ist offen auch für Nicht-Mitglieder.
… richtet sich nach euren Bedarfen: Themen können vom Vorstand vorbereitet oder aus der Community heraus vorgeschlagen werden.
… dient der Stimmungsabfrage aus der Community: Was beschäftigt uns gerade, was ist zu diskutieren etc.
Termine werden über die Social-Media-Account der DHd bekanntgegeben, bspw. über https://fedihum.org/@DHd
3. Awareness für nachhaltige, ökologische Aspekte in den Entscheidungsprozessen des Vorstands selbst
- Auswahl der genutzten Infrastrukturen, die die gesamte Community betreffen, bspw. Neuaufsatz des Mastodon-Servers / Hosting auf Servern, die zu 100% aus Ökostrom gespeist werden
Wünsche des DHd-Vorstands an die AG GreeningDH
- Sichtbarkeit, Aufklärungsarbeit und Sensibilisierung schaffen, bspw. durch das Greening Toolkit
- Einen sozialen, inklusiven Ort des Austauschs schaffen, der Partizipation und Kollaboration ermöglicht sowie ein ‘geteiltes Selbstverständnis’ im Umgang mit der Klimakrise schafft
- Etablierung von Beratungsangeboten und Handlungsempfehlungen zu ökologischen Maßnahmen, die von der AG ausgearbeitet werden, bspw. eine Handreichung zu Szenarien mit jeweiligen Konsequenzen (siehe bspw. den Punkt ‘Reisen und Konferenzen’)
Wünsche und Anmerkungen der Diskussionsteilnehmer:innen
Reisekosten: Wer fährt wohin und mit welchen Geldern?
“Die einzigen, die jetzt noch fliegen sollten, sind die jüngeren Leute, weil sie ihr Netzwerk noch nicht etabliert haben –, aber die älteren können zuhause bleiben von mir aus – auch ich.” (Anne Baillot)
Noch immer ist Fliegen häufig günstiger als eine Bahnfahrt. Gibt es einen Weg, insbesondere den wissenschaftlichen Nachwuchs zu unterstützen, um sich teurere Fahren leisten zu können?
Rabeas Antwort: Es gibt zwei Fördertöpfe:
- Förderung durch die AGs, hier ist der Finanzierungsrahmen sehr frei: Reisekosten können für Early-Career-Researchers beantragt werden.
- Direkt-Förderung durch den Verband: Reisestipendien für Nachwuchswissenschaftler:innen. Im Ausschreibungstext könnte zukünftig explizit auf die Förderung von Bahnfahrten hingewiesen werden, gemeinsame Weiterentwicklung angestrebt.
Stärkung der Awareness bei den Forschenden und den Rechenzentren
- Vernetzung und Bildung von Allianzen
- Climate Coalition (UK)
- Europeana: Climate Action Community / Kulturelles Erbe
- Einsatz von Energiebeauftragten in den Rechenzentren
Verringerung des ökologischen Fußabdrucks des Maximal Computing
- Organisation einer Veranstaltung für den konkreten Austausch und die Weitergabe von Handlungsempfehlungen
- Kompetenzbündelung: Etablierung eines/einer Expert:in für das Thema, der/die Auskuft und Hilfe bei der Nachhaltigkeitsbewertung anbieten kann
Überblick über nachnutzbare Daten, Infrastrukturen und Tools
- Übersicht zu verwendeten und/oder zur Verfügung stehenden Tools, Daten etc., um eine Nachnutzbarkeit zu ermöglichen
Strategien der Vernetzung mit anderen AGs, Expertisen nutzen, um Wissenstransfer zu gewährleisten
„Ein gemeinsames Ziel ist es, ein Netzwerk zu dem Thema zu bilden. So große Aufgaben können wir nur gemeinsam bewältigen.“ (Rabea Kleymann)
- Netzwerk aus DH-Forscher:innen, Bibliotheken und übergreifenden Konsortien bilden, für die das Thema Nachhaltigkeit relevant ist
- Vernetzung der AGs des Verbands untereinander stärken
- Kontaktaufnahme mit den Rechenzentren der Universitäten, mit den Arbeitgeber:innen etc.
- Konferenzformate überdenken, ggf. Reisen mit weiteren Vernetzungszwecken verbinden